Mögliche Verschiebung der EU-KI-Verordnung: Konsequenzen für das Personalwesen

von | Juni 19, 2025 | News

Rechtliche Unsicherheiten bei der KI-Regulierung

Grafik zur EU-KI-Verordnung mit der Aufschrift „KI-Verordnung – Teilverschiebung nicht ausgeschlossen“ auf dunkelblauem Hintergrund, darunter ein Icon eines Dokuments mit AI-Chip und die EU-Flagge.

Die Europäische Union befindet sich derzeit in der finalen Phase der Umsetzung ihrer KI-Verordnung („AI Act“). Allerdings zeichnen sich Verzögerungen bei der vollständigen Anwendung einzelner Teile der Verordnung ab. Hintergrund sind vor allem fehlende technische Standards und Umsetzungsrichtlinien, welche insbesondere sogenannte universelle KI-Modelle (General Purpose AI – GPAI) betreffen. Diese Verzögerungen führen zu erheblicher Unsicherheit bei Unternehmen, darunter auch Personalabteilungen, die KI-basierte Systeme einsetzen oder deren Einsatz planen.

Herausforderungen für HR-Abteilungen aufgrund fehlender Standards

Vor allem im Personalwesen, wo KI bereits in Bewerbungsprozessen, Mitarbeiterevaluationen oder der Personalentwicklung eingesetzt wird, birgt die unklare regulatorische Situation Risiken. Beispiele hierfür sind algorithmusbasierte Matching-Systeme im Recruiting, Chatbots im Bewerberkontakt sowie Performance-Analysen mithilfe von KI. Ohne klare Richtlinien ist es für Personalverantwortliche schwierig, den Einsatz von KI-Systemen rechtssicher und diskriminierungsfrei umzusetzen. Unternehmen stehen somit vor der Herausforderung, ethische und rechtliche Risiken eigenständig zu minimieren, solange verbindliche europäische Normen fehlen.

Politische Positionen zur Fristverlängerung

Einige EU-Mitgliedstaaten setzen sich deshalb für eine Verlängerung der Fristen bei der Einführung bestimmter Vorschriften des AI Acts ein. Deutschland unterstützt diese Position. Digitalminister Karsten Wildberger betonte, dass Deutschland aufgrund des Verzugs bei technischen Normen für eine Fristverlängerung offen sei. Die dänische Digitalministerin Caroline Stage Olsen fordert sogar ein umfassendes Moratorium für neue regulatorische Maßnahmen im Digitalbereich, verbunden mit einer Reform der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), um Hindernisse für KI-Innovationen abzubauen.

Die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Henna Virkkunen, ließ auf dem Treffen der Telekommunikationsminister jedoch offen, ob und in welchem Umfang es tatsächlich zu einer teilweisen Verschiebung kommen wird. Sie betonte jedoch, dass die Umsetzung der Vorschriften derzeit durch die Verzögerung bei der Entwicklung technischer Standards erschwert sei. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit einer selektiven Fristverlängerung angesichts der aktuellen Umsetzungshindernisse durchaus gegeben.

Handlungsempfehlungen für Personalverantwortliche

Unabhängig von einer möglichen Verschiebung der regulatorischen Fristen sollten HR-Abteilungen proaktiv handeln:

  • Bewertung und Dokumentation eingesetzter KI-Anwendungen bezüglich ihrer Compliance mit künftigen Standards. Hierbei können Tools wie Auditing-Frameworks oder Rechenschaftsplattformen helfen.
  • Intensivierung des Dialogs mit Technologieanbietern, um frühzeitig Klarheit über regulatorische Anforderungen zu gewinnen.
  • Entwicklung einer robusten internen Governance-Struktur, die Transparenz und verantwortungsvollen KI-Einsatz im Personalbereich sicherstellt. Der Einsatz von Ethikbeauftragten oder interdisziplinären KI-Gremien kann diesen Prozess unterstützen.

Fazit

Die teilweise Verschiebung der KI-Verordnung mag kurzfristig eine gewisse Erleichterung darstellen, entbindet Unternehmen jedoch nicht von der Verantwortung, ihre KI-Strategien kontinuierlich zu prüfen und anzupassen. Besonders im Personalwesen sollte daher die rechtliche und ethische Vorbereitung auf die endgültige Umsetzung des AI Acts weiter vorangetrieben werden.

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